Die Ausstellung der Prä-Fluxus-Künstlerin Mary Bauermeister bettet die von Wiesbaden ausgehende Etablierung der Fluxus-Bewegung 1962 in einen größeren historischen Kontext ein. Sowohl durch ihr Werk als auch durch ihr Wirken wurde sie früh zur Impulsgeberin: 1960/61 gab sie mit Veranstaltungen in ihrem Kölner „Atelier Bauermeister“ in der Lintgasse 28 den später unter der Fluxus-Bewegung zusammenkommenden Künstler:innen Raum und gilt damit als Urzelle des Fluxus in Europa. Sie lud u.a. John Cage, George Brecht, Benjamin Patterson und Nam June Paik in ihrem Wohnatelier zu Konzerten „neuester Musik“, Lesungen, Ausstellungen und Aktionen ein. Damit prägte sie nicht nur die Kölner Kunstszene, sondern auch die internationale Avantgarde.
Ein langer, überdimensionaler Holztisch steht mitten im Kirchenschiff in der Wiesbadener Humorkirche. An einem Ende der Tafel befindet sich eine karge Holzschüssel, am anderen Ende ein edles Porzellanservice und die Reste eines Gelages mit unzähligen leeren Flaschen. Dazwischen bieten zwei lange Sitzbänke eigentlich viel Platz und doch wirkt die Tafel nicht einladend – denn wo soll man sich positionieren: Auf der „armen“ Seite, auf der es zu wenig gibt, oder auf der „reichen“ Seite, auf der es zu viel gibt?
Die großformatige Rauminstallation Zuvielisation (2015) steht im Zentrum der gleichnamigen Satelliten-Ausstellung des Nassauischen Kunstvereins Wiesbaden in Wiesbaden-Erbenheim in Kooperation mit dem Sammlerehepaar Ute & Michael Berger. Begleitet wird die Rauminstallation von Arbeiten, die einen Einblick in ihr Werk geben sowie einer eigens anlässlich des 175. Geburtstags des Nassauischen Kunstvereins entstandenen Edition. Die permanent in der Humorkirche installierten Fluxus-Arbeiten von Nam June Paik, Benjamin Patterson, Ben Vautier, Joe Jones, u.a., treten in einen Dialog mit Mary Bauermeisters Installation und werden bewusst von ihr in ihre Ausstellung miteinbezogen. Kennzeichnend für Mary Bauermeisters Gesamtoeuvre ist der Einbezug gesellschaftlich relevanter Themen, so auch die kritische Auseinandersetzung mit unserer heutigen Konsumgesellschaft. Zu viel, zu viel, zu viel: Leben wir in einer Zuvielisation?
Über die Künstlerin /
1934 in Frankfurt am Main geboren, lebt Mary Bauermeister heute in Rösrath. Ihre Werke finden sich in den Sammlungen namhafter Museen wie dem MoMA, Whitney Museum und Guggenheim in New York, dem Museum Ludwig in Köln oder dem Stedelijk Museum in Amsterdam. 1962 zeigte das Stedelijk Museum ihre erste Einzelausstellung, es folgten viele internationale Ausstellungen. 2020 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse für ihr langjähriges künstlerisches Wirken, 2021 als erste Preisträgerin den Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für ihr herausragendes künstlerisches Gesamtwerk. Mary Bauermeister ist seit vielen Jahren eng mit der Familie Berger befreundet.