Befinden wir uns vor oder nach der Katastrophe? Menschenleer sind die Behausungen in Mirjam Völkers teils apokalyptischen, teils leise hoffnungsvollen Bildern. Stattdessen ist die Natur Hauptakteur, der sich bedrohlich gegen die Hütten erhebt. In den surrealen Gemälden und Zeichnungen entbrennt ein spannungsgeladener Kampf zwischen Natur und zivilisatorischen Artefakten, die sich dabei dennoch sehr ähnlich sind, wie sie ineinander hineinwuchern und sich gegenseitig zerstören. Auf technischer Ebene wird dieser Kampf, der durch die Verwendung starker Komplementär- bzw. Schwarzweißkontraste noch unterstrichen wird, ebenso zum Spiel mit verschiedenen, sich überlagernden Ebenen und Perspektiven, Fakt und Fiktion.

Das Spiel mit dem Dokumentationscharakter der, an die fotorealistische Malerei erinnernden, Bilder löst eine zusätzliche Verunsicherung aus. Dieser Zweifel verweist auf die generelle Instabilität, die in Mirjam Völkers Arbeiten zum Ausdruck kommt: statische Elemente werden von dynamischen Bewegungen vereinnahmt, dunkle Schatten bedrohen die Szenerie in gleichem Maße wie unerklärliche Transparenzen und auch die Behausungen in ihrer provisorischen Bauweise drohen jeden Moment einzustürzen. Die Kreativität, mit der sie allem Augenschein nach gebaut wurden, erinnert an die Bauweisen informeller Siedlungen. Die Not macht erfinderisch. Diese menschliche Kreativität und das Licht, das in einigen Bildern aus den Fensteröffnungen leuchtet, sind die einzigen Hinweise auf ihre (einstigen?) Bewohner, die verschwunden sind. Zugleich steht die menschliche Kreativität im Einklang mit dem Gestaltungsreichtum der Natur, der sich in dem Gewirr aus Ästen und Zweigen zeigt. So chaotisch und instabil wie beides erscheint, stehen sie im Kontrast zu der Präzision und Akkuratesse, mit der Mirjam Völker ihre detailreichen Bilder aus Acryl und Kohle schafft. Dabei entstehen ganz verschiedene Formen von Vegetation-Behausungs-Kombination bei denen man sich fragt, was in was wuchert, die Natur in die Hütten oder die Hütten in die Natur? Was war zuerst da? Was wird überdauern? Befinden wir uns vor oder nach der Katastrophe?

Über die Künstlerin /
Mirjam Völker (*1977, Wiesbaden) studierte freie bildende Kunst an der Akademie für Bildende Künste der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und anschließend Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig. 2010 schloss sie dort ein Meisterschülerstudium bei Neo Rauch ab. Es folgten Einzelausstellungen in Frankfurt am Main, Augsburg, Hamburg, Berlin und nun in ihrer Heimatstadt Wiesbaden. Seit Dezember 2016 wird sie von der Galerie EIGEN + ART, Leipzig und Berlin vertreten. Mirjam Völker lebt und arbeitet in Leipzig.

Mirjam Völker / Signal

 

J-0186
Jahr: 2019
10-farbiger Siebdruck, Hintergrund handkoloriert
Verso signiert, nummeriert, datiert
56,7 x 38,5 cm
Auflage: 35
1.100,- € (inkl. MwSt.)