Zeichnen ist eine besondere Form der Kalligraphie, ein Mittel, einen Gedanken oder eine beobachtete Tatsache in Formen wiederzugeben. Die Art, wie ein Künstler seinen Stift über die Zeichenfläche führt und eine Idee innerhalb eines gegebenen Raumes einordnet, ist unbewusst, unentrinnbar und unverkennbar der Ausdruck eines Einzelnen und gleicht darin der Handschrift. Zeichenmaterial und Werkzeuge sind vielfältig und verschiedenartig, und jede Verbindung gibt der Zeichnung ein besonderes Gepräge neben dem, was die künstlerische Persönlichkeit desjenigen hineinlegt, der sie schuf.
Erst Ende des 18. Jahrhunderts erregten die Zeichnungen das ernsthafte Interesse von Sammlern; sie wurden aufgespürt, aufbewahrt und mit Sorgfalt behandelt. Man wusste mittlerweile, dass sie von ungeheurem Wert für das Studium und die Einschätzung der künstlerischen Persönlichkeit sind. Und wenn sie, wie die Beispiele dieser Ausstellung, den reifsten Ausdruck des Genies darstellen, dann hat jede Zeichnung eine eigene Schönheit, die ein Kunstwerk an sich ist. Jede vermittelt immer wieder ganz klar die Leidenschaft, die liebevolle Genauigkeit, den Scharfblick, die Empfindungskraft oder die bloße Erregung, die den Künstler zwang, seine Beobachtungen und Vorstellungen zu Papier zu bringen.