In Jordan Wolfsons (*1980, New York) Videoarbeit CON LECHE (2009), die als NKVextra gezeigt wird, marschieren handgezeichnete und animierte Diet-Coke-Flaschen einzeln und in Gruppen, auf menschlichen Füßen durch das Bild. Sie sind nicht mit Cola gefüllt, sondern mit Milch, die bei jedem Schritt aus den offenen Flaschenhälsen schwappt. Den Hintergrund bilden verödete Stadtansichten von Detroit. Das Bild wankt und dreht sich innerhalb der Projektionsfläche um seine eigene Achse.
Akustisch unterlegt ist das Video mit der Stimme einer professionellen Werbesprecherin, die zusammenhangslose Textpassagen aus dem Internet vorliest. Dabei geht es mal um Wiedergeburt, sexuelle Orientierung, einen Kokainskandal der Modebranche, mal um Selbstverteidigung oder Smartphones und Recycling. Unterbrochen wird die Frauenstimme von Wolfson selbst, der sie gelangweilt aber höflich auffordert schneller, langsamer, lauter, leiser oder mit mehr Sexappeal zu lesen, was sie umgehend befolgt. Während die Bildspur von „Con Leche“ 14:57 Minuten lang ist, läuft die Tonspur 22:41 Minuten. So ergeben sich im Loop immer neue irritierende Kombinationen.
Mit der Adaption und Dekontextualisierung popkultureller Strategien schafft Jordan Wolfson zugleich einen deprimierenden Kommentar zum gesellschaftlichen Status Quo. Banales Pseudowissen, Informationstrash und die tagtägliche Berieselung durch die Kanäle der Massenmedien bestimmen die Lebenswirklichkeit moderner Individuen. Als geistige Nährstoffquellen taugen sie allerdings ebenso wenig, wie Diet Coke. Auch wenn der Betrachter angesichts von Con Leche bildsprachlich „ins Wanken“ gerät und inne hält, schreitet die massenwirksame „I love it“-Attitüde der Populärkultur unaufhaltsam voran.