Langsam, geradezu erhaben gleitet die Kamera durch eine Stadt, die buchstäblich Kopf steht. Dimitri Venkovs mehrfach preisgekrönter Experimentalfilm The Hymns of Muscovy ist eine Reise zum Planeten Muscovy, einem Zwillingsplaneten von Moskau, auf dem die Großstadt umgekehrt wurde: Im Himmel von Muscovy hängend, ziehen die kolossalen Bauten des 20. und 21. Jahrhunderts vorbei und in ihren Fassaden spiegeln sich ästhetische und gleichsam historische und ideologische Entwicklungen Russlands wieder: der sozialistische Klassizismus des stalinistischen Reiches, der Brutalismus der Moderne der Tauwetterperiode von Chruschtschow und die kühlen Glasfassaden des gegenwärtigen Hyperkapitalismus. Die eindrucksvollen Bilder werden von einer Neukomposition der russischen Nationalhymne durch den Komponisten Alexander Manotskov untermalt, wobei jede der drei elektronischen Variationen einem Architekturstil entspricht. Die Hymne wird zum Begleiter auf der Reise zu einer fliegenden Metropole, die aus Raum und Zeit gefallen scheint.
Über den Künstler /
Dimitri Venkov (*1980, Nowosibirsk, RUS) studierte Linguistik an der International University in Moskau, Filmstudien an der University of Oregon und Neue Medien der Rodtschenko-Schule für Fotografie und Neue Medien in Moskau. 2019 wurde er mit dem Moscow Art Prize ausgezeichnet, 2012 gewann er den Kandinsky Preis Junger Künstler des Jahres. Seine Filme wurden u. a. im Museum für Zeitgenössische Kunst Antwerpen, im Moscow Museum of Modern Art, auf der documenta 14 (Athen), im Garage Museum of Contemporary Art (Moskau), in der Whitechapel Gallery (London) und auf der 5. Moskau Biennale gezeigt.